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Django Unchained – Hey, little troublemaker

Seitdem ich mich für Film interessiere, interessiere ich mich für Tarantino.

Klar, Tarantino ist längst „Kultregisseur“ und eigentlich finden ihn so ziemlich alle gut. (Und das ist auch verdammt gut so!) Sitze ich im Kinosessel, kann ich nicht einfach zuschauen, sondern hibbel die ganze Zeit mit und verziehe eigentlich ständig das Gesicht, meistens grinsend.

Als ich im Mai 2009 mit einer sehr guten Freundin nach Cannes fuhr, war der Hauptgrund eigentlich „Inglourious Basterds„. Gut, Sonne, Meer, Filmfestival, das hätte alleine eigentlich auch schon gereicht. Und nicht zu vergessen den Film, den  wir dort präsentiert haben. Aber wir haben natürlich auch alles andere gerne mitgenommen. Auf jeden Fall war es heiß, sehr heiß. Wollte man die Pressevorführungen, da konnten wir mit unserem Badge nämlich rein, musste man früh da sein. Das waren wir bei den Basterds dann auch, nämlich die zweiten. Nur ein Amerikaner, der durch ähnliche Umwege dorthin gelangt ist, war noch früher da. Und dann wartet man, lange und in der Sonne. Insgesamt waren das für Inglourious Basterds vier Stunden (und ein kleiner Sonnenstich). Aber es lohnte sich. Wir hatten so viel Spaß in diesem runtergekühlten Saal. Es ist immer noch das beste Kinoerlebnis überhaupt. (Und dann sitzt du irgendwo in Frankreich in einem Kino und plötzlich ist da Bela B. auf der Leinwand und du drehst noch mehr durch als ohnehin schon.)

cannes

Mai 2009, nach ~ 1 Stunde Wartezeit (hier noch im Schatten, bald in der prahlen Sonne und mit noch wirreren Haaren)

Auf den neuen Tarantino freute ich mich daher schon sehr lange. Der Starttermin kam für mich dann aber trotzdem irgendwie sehr plötzlich, aber ich bekam noch einigermaßen gute Karten. Zu viert ging es also am Mittwoch in die Spätvorstellung.

ACHTUNG, ACHTUNG SPOILERWARNUNG! Falls die geneigte Leserschaft den Film noch nicht gesehen hat, sollte dies jetzt dann getan werden. Erst danach wird weitergelesen! ACHTUNG, ACHTUNG SPOILERWARNUNG!

Ich konnte mich zum Glück fast allen Vorabinformationen entziehen. Außer einem unvermeidlichen Trailer im Vorfeld und konnte mich so relativ entspannt und unvorbelastet darauf einlassen. Irgendwas mit amerikanischer Sklaverei, Christoph Waltz, Jamie Foxx und Leonardo DiCaprio jedenfalls. Und dann kam

Django Unchained

Die Geschichte ist soweit eigentlich schnell erzählt. Ein Kopfgeldjäger (Waltz) braucht für seinen aktuellen Fall einen Sklaven (Foxx), der drei Verbrecher identifizieren kann, dafür erhält dieser im Gegenzug seine Freiheit. Die beiden werden ein gutes Team, auch wenn von außen immer wieder Anfeindungen, ob des merkwürdigen Gespanns, kommen. Sie beschließen gemeinsam weiterzuarbeiten, um so Djangos Frau (Washington) von einem Plantagenbesitzer (DiCaprio) freizukaufen.

Natürlich ist es ein Taratino-Film, deswegen dürfen bestimmte Dinge einfach nicht fehlen: überschweifende Gewaltdarstellungen, nackte Füße sind dabei, komische Namen (Broomhilda von Shaft, Butch, d’Artagnan) eine Globus-Bar taucht auf und natürlich dürfen die langen und (mehr oder weniger) eloquenten Dialoge nicht fehlen. Dafür gibt es weder einen Trunk Shot (um 1850 auch schwer einzubauen), noch eine wirklich „starke Frauenrolle“. Gerade bei letzterem habe ich auf die, immer mal wieder angedeutete, Zoë Bell gehofft. Ich erwarte sie jetzt zumindest im nächsten Teil und nicht nur als winzige „Tarantinos Lieblinge sind natürlich auch alle wieder dabei“-Figur (wie hier am Beispiel von Tom Savini oder Michael Parks).

Und auch die ganzen schönen Filmreferenzen dürfen selbstverständlich nicht fehlen. Unweigerlich fallen einem die Parallelen zu Inglourious Basterds auf. Landers Pfeife aus den Basterds verwandelt sich in Candies Kokosnusscocktail, es wird sowohl englisch und deutsch als auch französisch und italienisch gesprochen. Waltz ist wieder ein Deutscher, diesmal allerdings in der Helferrolle, in der er „blind“ jeder Hautfarbe („What’s everybody staring at?“), als einziger Weißer menschlich agiert (neben Candies Schwester, die sich als einzige über die Bloßstellung Hildis echauffiert). 

Wie auch sonst gerne in Tarantino-Filmen, ist auch Django voller Anspielungen. Hier natürlich besonders auf das Westerngenre. Auch wenn ich jetzt nicht all zu viele Western gesehen habe, sind mir ein paar kleine Details aufgefallen. Beispielsweise gibt es eine Szene, in der Django seinen Sattel schultert. Ich gebe zu, dass mag in Western häufiger vorkommen, für mich ist das allerdings eine schöne Referenz an den (ich nenne es mal) Westernklamauk „Mein Name ist Nobody„. Da sieht bereits das Cover schon so ähnlich aus und auch im Film selbst kommt das ab und zu vor. Wenn ich mich richtig erinnere, wird ♥Terence Hill♥ daraufhin auch mit einem Engel verglichen, wegen der Flügel, ihr versteht?!

Des Öfteren wird im Film auch von Postkutschenräubern gesprochen, da musste ich schon auch ein bisschen an Stagecoach denken. Sollte jemand mal einen guten Western anschauen wollen, der ist dafür ganz gut geeignet (übrigens auch komplett auf Youtube zu finden).

Mich erinnert außerdem das erste Aufeinandertreffen Djangos mit Dr. Schultz sowie auch ein paar spätere kleine Details an True Grit (2010).

Wahrscheinlich bin ich grad noch ein bisschen zu sehr unter dem Einfluss der Serie, aber irgendwie erschienen mir manche Servicepersonalgesten im Candie-Haus sehr vertraut zu sein. Der Quentin wird doch nicht auch Downton Abbey gucken…

Schön war es natürlich auch den „richtigen“ Django, also Franco Nero, in einem Cameo-Auftritt zu sehen. Und das die besten Sterbeszenen immer der Regisseur bekommt, ist auch klar, oder?!

Sieht sonst noch jemand eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem DiCaprio und König Ludwig II? Nein? Ich finde das passt ganz gut in das Märchen- und Sagenthema, dass Tarantino hier mit den Ring des Nibelungen zusätzlich einbaut. Broomhilda, die am Ende dann (leider sehr klassisch) gerettet wird und das Feuer, dass sie eigentlich umgibt, im sicheren Abstand und von ihrem Helden entzündet sieht.

Zu den Schauspielern:

Christoph Waltz ist wie gewohnt einfach unglaublich gut. Sein Timing, seine Ausdruck, da stimmt einfach alles. Glücklicherweise konnte er hier eine ganz andere Rolle von sich zeigen als in den Basterds und konnte sich somit hoffentlich aus der Schurken-Schublade befreien.

Jamie Foxx fand ich damals in „Collateral“ ganz gut, habe aber sonst eh nichts anderes von ihm gesehen. Wie die Zusammenarbeit mit Tarantino aussehen würde, konnte mir nicht vorstellen. Hier finde ich ihn wirklich überzeugend, auch wenn sein Spielspektrum bestimmt noch breiter ist.

Ich habe ja die Hoffnung, dass Leonardo DiCaprio mit dem Alter noch ein bisschen besser wird. Es spielt immer gut und solide, aber für mich leider auch nicht mehr. Als ich im Trailer mitbekam, dass er der „Böse“ wird, konnte ich mir sehr gut vorstellen, ihn hassen zu können. Aber wie gesagt, ich sehe da noch Potential.

Ein weiterer Tarantino-Liebling war natürlich, wie zu erwarten war, einfach auch wieder brillant. Samuel L. Jackson als oberster Haussklave und so etwas wie der Berater im Hintergrund des Plantagenbesitzers. Meine Lieblingsszene hier war gleichzeitig seine letzte: der alte Mann sieht, dass er sich zu einem letzten und chancenlosen Kampf „aufraffen“ muss. Er richtet sich gerade auf, schmeißt seinen Gehstock hin und will so in Würde hingerichtet werden. (Ein bisschen wie die Martin Freeman (als John Watson) Szenen in Sherlock, in der seinen Gehstock vergisst. Nur im Zeitraffer.)

Leider stehen hier jetzt vier männliche Schauspieler, ungewöhnlich für einen Tarantino-Film, aber wie gesagt, ich setzte auf den nächsten Teil. Da erwarte ich gerade ein „gemischtes Doppel“ (weil wegen Inglourious Basterds = weibliche Heldin, Django = männlicher Held) und sie werden bestimmt wieder was abbrennen, ich weiß nur noch nicht, was die Zoë Bell da abfackeln wird.

Für mich ist der Film ist der lustigste und der ernsteste zu gleich. Die KKK-Szene hat ja fast schon Comedy-Elemente, der Saal lacht. Darüber hinaus gibt es aber beispielsweise eine sehr brutale Szene, die den Zuschauern zuerst vorenthalten wird um dann in kurzen (Erinnerungs)Flashbacks dazwischen geschnitten zu werden. Man merkt, wie wichtig Tarantino die Botschaft hinter all dessen ist. Und sie kommt an.

Auf dem Heimweg diskutierten wir noch, wie der Film wohl ausgesehen hätte wenn Sally Menke, seine Cutterin, noch leben würde. Kamen uns doch ein paar (musikalische) Übergänge ein bisschen zu abgehackt vor. Der Soundtrack ist wieder einfach super und läuft hier zur Zeit in Heavy Rotation. Außerdem habe ich mich als großer Dexter-Fan natürlich sehr über James Remars Rolle gefreut

Wie gesagt, ich habe ihn bis jetzt erst ein Mal gesehen. Ich kann es kaum erwarten, ihn in den nächsten Wochen noch (ein paar) Mal anzusehen. Auch möchte ich in einer Szene in Candies Haus noch mal genauer hinsehen, ob das wirklich nicht Axel Prahl ist, den ich da meinte im Kameraschwenk gesehen zu haben. Es lässt sich bestimmt noch ganz viel mehr entdecken.

Der Film bekommt von mir die Bewertung 10/10 Sterne/Punkte/Herzchen, auch wenn er ein paar Schwächen hat, hatte ich sehr viel Spaß und kann ihn jederzeit wieder angucken.